Es regnet Rabatte… oder doch nicht?

Ein Rabatt den man würfeln oder der Abhängig vom Spielergebnis der deutschen Nationalmannschaft ist, kennt man zu genüge. Doch was ist mit: Kostenlos Möbel erwerben, wenn es am Flughafen regnet? Das sah eine Behörde in Baden-Württemberg nicht so gerne. Sie interpretierte es als unerlaubtes Glücksspiel. Die Richter des VGH Baden-Württemberg folgten der Argumentation jedoch nicht.

In einer Rabattaktion warb ein Möbelhauses damit, das es den kompletten Kaufpreis storniert, wenn es drei Wochen nach dem Einkauf am Stuttgarter Flughafen regnen würde und zwar zwischen zwölf und dreizehn Uhr mindestens drei amtlich festgestellte Millimeter pro Quadratmeter. Über diesen Rabatt musste der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg entscheiden.

Anders als das Regierungspräsidium hielten weder die Vorinstanzen noch das höchste Verwaltungsgericht des Bundeslandes die Werbeaktion für ein illegales Glücksspiel, sondern für ein Gewinnspiel, für das keine Erlaubnis nötig ist. Die Teilnahme an der Wette war kostenlos.

Der Begriff Glücksspiel ist gesetzlich definiert. Der VGH Mannheim stützt sich dabei auf die Definition in § 3 Abs. 1 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV):

Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.

Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt eines ungewissen zukünftigen Ereignisses sind demnach zwar Glücksspiele, so das Gericht. Das Möbelhaus jedoch verlangte kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance. Die Kunden zahlten den Kaufpreis nur für die Möbel, nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Anders würde die Sache aussehen, wenn im Kaufpreis der Ware ein Einsatz versteckt wäre. Im vorliegenden Fall hat das Möbelhaus unwiedersprochen vorgetragen, dass die Preise im Aktionszeitraum unverändert geblieben seien. Die Gewinnchance wurde demnach nicht in den Warenwert eingepreist.

Das Gericht vertrat die Auffassung, dass der Glücksspielbegriff in § 3 Abs. 1 GlüStV deckungsgleich mit dem des aus § 284 StGB sei:

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
1. gewerbsmäßig oder
2. als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Demnach müsse die Gewinnchance im Sinne eines „Einsatzes“ gerade aus dem Entgelt selbst erwachsen. Daran fehle es hier ebenfalls, so der VGH. Der Kunde leiste das Entgelt für die Möbel und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Die Vermutung des Regierungspräsidiums, die Ware sei im Blick auf die Werbeaktion teurer, sei durch nichts belegt. Auch werde die Gewinnchance nicht, wie es der Glücksspielstaatsvertrag voraussetzt, im Rahmen eines Spieles, sondern im Rahmen eines Kaufvertrages erworben. Der Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages ist demnach nicht eröffnet.

Ob die Begriffe tatsächlich deckungsgleich sind, ist fraglich. § 284 StGB spricht nicht von einem „Entgelt“, sondern von einem „Einsatz“. Anders als im Strafrecht gibt es im Glücksspielrecht keine Geringfügigkeitsgrenze. Die Sache ist jedoch noch nicht vom Tisch. Der VGH hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Eine Klärung des Verhältnis zwischen § 3 Abs. 1 GlüStV und § 284 Abs. 1 StGB wäre sicherlich sehr erfreulich, aber unwahrscheinlich.

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