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EuGH: Hinsendekosten müssen bei Widerruf erstattet werden

Donnerstag, 15. April 2010 22:52

Die Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz bestimmt, dass ein Verbraucher einen Vertragsabschluss im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Strafzahlung und ohne Angabe von Gründen widerrufen kann. Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, so das EuGH (Az.: C‑511/08).

Eine im Versandhandel tätige Gesellschaft, Heinrich Heine, sieht in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass der Verbraucher einen pauschalen Versandkostenanteil von 4,95 Euro trägt. Diesen Betrag hat das Versandunternehmen auch dann nicht zu erstatten, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, ein deutscher Verbraucherverein, erhob gegen Heinrich Heine Klage auf Unterlassung dieser Praxis, da sie der Auffassung ist, dass dem Verbraucher im Fall des Widerrufs nicht die Kosten der Zusendung der Ware auferlegt werden dürfen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, der diesen Rechtsstreit letztinstanzlich zu entscheiden hat, gewährt das deutsche Recht dem Verbraucher keinen ausdrücklichen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zusendung der bestellten Ware. Da der Bundesgerichtshof jedoch Zweifel hat, ob es mit der Richtlinie vereinbar ist, wenn dem Verbraucher, der sein Widerrufsrecht ausgeübt hat, die Kosten der Zusendung der Waren in Rechnung gestellt werden, ersucht er den Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie.

In seinem heute ergangenen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der Lieferer in einem im Fernabsatz abgeschlossenen Vertrag dem Verbraucher die Kosten der Zusendung der Waren auferlegen darf, wenn dieser sein Widerrufsrecht ausübt. Die Bestimmungen der Richtlinie zu den Rechtsfolgen des Widerrufs haben eindeutig zum Ziel, den Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Eine Auslegung, nach der es den Mitgliedstaaten erlaubt wäre, zuzulassen, dass im Widerrufsfall die Kosten der Zusendung zulasten dieses Verbrauchers gingen, liefe diesem Ziel zuwider. Im Übrigen stünde eine solche Belastung des Verbrauchers mit den Kosten der Zusendung zusätzlich zu den unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware einer ausgewogenen Risikoverteilung bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz entgegen, indem dem Verbraucher sämtliche im Zusammenhang mit der Beförderung der Waren stehenden Kosten auferlegt würden.

Quelle: PM des EuGH v. 15.04.2010

Das ganze Urteil gibt es hier: EuGH Aktenzeichen C‑511/08 vom 15.04.2010

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Bundesgerichtshof zu Versandkosten in Preisvergleichslisten

Samstag, 1. August 2009 19:10

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einer gestern verkündeten Entscheidung zu der Frage Stellung genommen, ob ein Versandhändler, der Waren über eine Preissuchmaschine (Preisvergleichsliste) im Internet bewirbt, dabei auch auf beim Erwerb der Waren hinzukommende Versandkosten hinweisen muss.

Nach der Preisangabenverordnung ist ein Händler verpflichtet anzugeben, ob neben dem Endpreis der Ware zusätzliche Liefer- und Versandkosten anfallen. Gegebenenfalls hat er deren Höhe bzw. Berechnungsgrundlage anzugeben. Diese Angaben müssen der Werbung eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar gemacht werden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein Unternehmen, das Elektronikprodukte über das Internet vertreibt, seine Waren in die Preissuchmaschine „froogle.de“ eingestellt. Der dort für jedes Produkt angegebene Preis schloss die Versandkosten nicht ein. Erst wenn die Warenabbildung oder der als elektronischer Verweis gekennzeichnete Produktname angeklickt wurde, wurde man auf eine eigene Seite des Anbieters geführt, auf der neben dem Preis des Produkts die Versandkosten angegeben waren. Ein Mitbewerber hat den Versandhändler deswegen auf Unterlassung in Anspruch genommen. Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg haben der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass das bei der beanstandeten Werbung mögliche Anklicken der Warenabbildung und des Produktnamens keinen „sprechenden Link“ darstelle, der dem Verbraucher eindeutig vermittle, dass er über ihn weitere Informationen zu den Versandkosten abrufen könne.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Versandhändlers zurückgewiesen. Bei Preisangaben in Preisvergleichslisten müsse der Verbraucher auf einen Blick erkennen können, ob der angegebene Preis die Versandkosten enthalte oder nicht. Denn die Aussagekraft des Preisvergleichs, der üblicherweise in einer Rangliste dargestellt werde, hänge von dieser wesentlichen Information ab. Unter diesen Umständen sei es nicht ausreichend, wenn der Interessent erst dann, wenn er sich mit einem bestimmten Angebot näher befasse, auf die zusätzlich anfallenden Versandkosten hingewiesen werde.

Urteil vom 16. Juli 2009 – I ZR 140/07 –

Versandkostenangabe in Preisvergleichslisten

LG Hamburg, Urteil vom 16. Januar 2007  416 O 339/06

OLG Hamburg, Urteil vom 25. Juli 2007  5 U 10/07 Karlsruhe, den 17. Juli 2009

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BGH-Urteil zu Spickmich.de zum nachlesen

Sonntag, 19. Juli 2009 22:00

Wie bereits am 26.06.2009 berichtet, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 23. Juni 2009 (Az.:VI ZR 196/08) entschieden, dass die Benotung von Lehrern im Internetforum spickmich.de erlaubt ist.

Das Urteil wurde nun veröffentlich und kann hier nachgelesen werden: BGH VI ZR 196/08 vom 23.06.2009

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Klage gegen spickmich.de vom BGH abgewiesen

Freitag, 26. Juni 2009 21:32

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 23. Juni 2009 (Az.:VI ZR 196/08) entschieden, dass die Benotung von Lehrern im Internetforum spickmich.de erlaubt ist. Das Recht der Nutzer des Portals auf freien Meinungsaustausch und Kommunikation überwiege das Recht der klagenden Lehrerin auf informationelle Selbstbestimmung. Des Weiteren beschränke sich die Bewertung nur auf die berufliche Tätigkeit der Lehrer, so das Gericht. Das BGH bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts Köln und des Oberlandesgerichts Köln. Dennoch betonte der BGH, dass es sich hierbei um eine Einzellfallentscheidung handele. Das Urteil sei nicht grundsätzlich auf andere Bewertungsportale übertragbar.

Geklagt hatte eine Lehrerin aus NRW (wir berichteten), da sie bei spickmich.de bewertet worden war. Die mit den Schulnoten 1 bis 6 abzugebenden Bewertungen sind an vorgegebene Kriterien gebunden wie etwa „cool und witzig“, „beliebt“, „motiviert“, „menschlich“, „gelassen“ und „guter Unterricht“. Im Fach Deutsch wurde die Lehrerin mit der Note 4,3 bewertet. Darin sah sie eine Persönlichkeitsverletzung. Sie forderte vom Betreiber die Löschung ihrer persönlichen Daten wie Name, Schule und unterrichtete Fächer.

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Kosten für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen trotz eigener Rechtsabteilung ersatzfähig

Samstag, 10. Mai 2008 13:47

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass in der Regel im Zuge einer Abmahnung auch die Anwaltskosten des Abmahnenden ersetzt werden müssen.

Im vorliegenden Fall ging es um die Deutsche Telekom AG. Diese hat sich für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nicht der eigenen Rechtsabteilung bedient, sondern dafür externe Anwälte engagiert. Ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung ist nicht verpflichtet die eigenen Juristen zur Überprüfung von Wettbewerbern einzusetzen und ggf. Abmahnungen auszusprechen. Dies gehöre nicht zu den originären Aufgaben eines gewerblichen Unternehmens, so das Gericht. Die tatsächliche Organisation des abmahnenden Unternehmens ist hierbei ausschlaggebend.

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eBay muss Namensklau unterbinden

Donnerstag, 17. April 2008 14:05

Der Bundesgerichtshofs hat sich am 10 April 2008 mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen ein Internet-Auktionshaus auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn es zum „Namensklau“ kommt.

Im vorliegenden Fall ging es um einen eBay Nutzer der zwar einen Account hatte, jedoch keinen Handel trieb. Im November 2003 wurde er von unzufriedenen „Käufern“ angerufen, die meinten Waren bei ihm erworben zu haben. Ganz Konkret: Es handelte sich dabei um Pullover. Wie sich jedoch herausstellte waren es Plagiate, die von einem Nutzer „universum3333“ bei eBay angeboten wurden. Der Nutzer registrierte den Account auf den bürgerlichen Namen des Klägers. Mit Adresse und Geburtstag, versteht sich. Der Kläger meldete dies eBay. Die sperrten daraufhin den Account. Es kam jedoch zu weiteren Anmeldungen. Dabei wurden wieder die Daten des Klägers genutzt. Als ob das nicht genug wäre, sendeten die unzufriedenen Kunden dem vermeintlichen Verkäufer die Ware zurück. Der Kläger hat eBay daraufhin wegen der Verletzung seines Namensrechts als Störerin auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Letztendlich musste sich das BGH der Sache annehmen und gab dem Kläger recht. Das Auktionshaus hat keine generelle Pflicht, die ins Netz gestellten Informationen auf Rechtsverletzungen zu prüfen. Wenn jedoch ein Betroffener auf eine missbräuchliche Nutzung seines Namens hinweist, muss eBay den Anbieter sperren und weiteren Missbrauch der Daten verhindern.

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Gebühren für Abschlussschreiben

Mittwoch, 16. April 2008 9:00

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 04.03.2008 entschieden, dass bei Abgabe einer Abschlusserklärung der eigene Anwalt, der die Erklärung abgibt und der Anwalt des Siegers, der die Erklärung angefordert hat, Anspruch auf die Kosten dafür haben. Sollte der Unterlegene nicht zahlen, muss der Anwalt des Siegers darauf klagen.

Hintergrund: Abschlusserklärung
In Fällen in denen sich ein Abgemahnter der einstweiligen Verfügung nicht unterwirft, wird vom gegnerischen Anwalt ein Abschlussschreiben verfasst. Dafür werden Anwaltsgebühren fällig. Ziel ist es, eine die Verjährung zu unterbrechen. Diese würde normalerweise 6 Monate nach Erlass der Einstweiligen Verfügung eintreten. Da eine Einstweilige Verfügung eben nur „einstweilig“ ist, könnte der Unterlegene die Hauptsache vor Gericht nach § 928 ZPO erzwingen. In der Regel ist dies jedoch sinnlos. Deshalb greift man hier zum Abschlussschreiben. Damit erkennt der mit der Einstweiligen Verfügung Verurteilte die Entscheidung als dauerhaft bindend an.

Ein Abschlussschreiben darf jedoch frühestens einen Monat nach Erlass der einstweiligen Verfügung aufgesetz werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit dies zu vermeiden indem der Abgemahnte selbst eine Abschlusserklärung verfasst. Darin erklärt er die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen. Somit muss er nur die Kosten seines Anwalts für die Abschlusserklärung bezahlen.

Das ganze Urteil: Bundesgerichtshof, Az.: VI ZR 176/07 vom 4. März 2008

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Teile der AGB in Pay-TV-Verträgen unwirksam

Montag, 7. April 2008 13:34

Der Bundesgerichtshof hat teile der AGB eines Pay-TV Anbieters für unwirksam erklärt. Konkret geht es um folgende Klauseln:

„Unabhängig davon behält sich die X GmbH & Co. KG vor, das Programmangebot, die einzelnen Kanäle, die Nutzung der einzelnen Kanäle sowie die Zusammensetzung der Programmpakete zum Vorteil der Abonnenten zu ergänzen, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu verändern.“

„Die X GmbH Co. KG kann die vom Abonnenten monatlich zu zahlenden Beträge erhöhen, wenn sich die Kosten für die Bereitstellung des Programms erhöhen. Der Abonnent ist berechtigt, den Vertrag auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung zu kündigen, wenn die Erhöhung 5 % oder mehr des ursprünglichen Abonnementpreises ausmacht.“

„Ab der Verlängerung gelten die Tarife für die jeweils verlängerte Laufzeit.“

„Die X GmbH & Co. KG behält sich vor, bei einer Änderung/Umstrukturierung des Programmangebots die Abonnementbeiträge zu ändern. In diesem Fall ist … die X GmbH & Co. KG berechtigt, das Abonnement zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der geplanten Änderung schriftlich zu kündigen. Stimmt der Abonnent der Leistungsänderung zu, kann die X GmbH & Co. KG die Preisstruktur anpassen, ohne dass dies ein Kündigungsrecht des Abonnenten auslöst.“

Das Gericht war der Auffasung, dass die Änderung des Programmangebots schon deshalb unzulässig sei, weil es sich nicht auf bestimmte und triftige Gründe beziehe. Eine Kalkulierbarkeit und Transparanz ist für den Kunden hier nicht gegeben, da bei Vertragsabschluss nicht absehbar ist welche Programmänderungen hinzunehmen sind. Das eine Änderung unter Umständen positiv für die Mehrheit der Zuschauer wäre, ist dabei nicht relevant. Bundesgerichtshof, Az.: III ZR 247/06 vom 15.11.2007

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Verfassungsbeschwerde gegen Auswahlverfahren des BGH

Freitag, 28. März 2008 16:57

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines Fachanwalts zurückgewiesen. Im vorliegenden Fall hatte der Anwalt gegen das gesetzliche Auswahlverfahren für die Zulassung als Revisionsanwalt beim Bundesgerichtshof eine Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Gericht entschied, dass das Wahlverfahren verfassungsgemäß ist, obwohl die Berufsausübungsfreiheit der Anwälte dadurch eingeschränkt wird.

Hintergrund
Die Anwälte, die vor dem BGH zugelassen sind, erwecken den Eindruck einer „geschlossenen Gesellschaft“. Nicht jeder der Anwalt ist, darf auch tatsächlich mitmischen. Eine Zulassung bekommen nur die Bewerber, die durch den Wahlausschuss für Rechtsanwälte beim BGH benannt wurden. Der Vorsitzende des Wahlausschusses teilt dem Bundesministerium der Justiz das Ergebnis der Wahl mit. Dieser entscheidet wer von den Bewerbern als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof zugelassen wird. Zur Zeit sind 31 Anwälte beim Bundesgerichtshof zugelassen.

Das BGH ist das einzige Bundesgericht mit solchen Beschränkungen. Freie Anwaltswahl? Ja, aber nur wenn der Anwalt auch auf der Liste zu finden ist. Um überhaupt eine Chance auf den begehrten Platz der Auserwählten zu haben, müssen auch gewisse Kriterien erfüllt werden. Es kann nur derjenige zugelassen werden, der das 35. Lebensjahr vollendet und den Beruf eines Rechtsanwalts mindestens 5 Jahre ohne Unterbrechung ausgeübt hat. Das hat, laut BGH, auch einen guten Grund:

Damit soll sichergestellt werden, dass die Fragen, die der Bundesgerichtshof wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts zu entscheiden hat, aus der unterschiedlichen Sicht der jeweiligen Parteien durch einen besonders qualifizierten Rechtsanwalt aufbereitet werden, der eine eigene, unabhängige, von der eigenen Vorbefassung mit der Sache unbelastete Sicht einnehmen kann.

Diese Beschränkungen gelten jedoch nur für Zivilrechtssachen. Vor einem Strafsenat darf sich jeder von einem Anwalt seiner Wahl vertreten lassen. BVerfG Beschluss vom 27.02.20081, Az.:BvR 1295/07

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