Ablehnung der Ersatzlieferung bei unverhältnismäßigen Kosten
Sonntag, 16. Juni 2013 15:40
Der BGH hat sich mit Urteil vom 21.12.2011, Az. VIII ZR 70/08 mit der Frage beschäftigt, ob eine Ersatzlieferung immer erforderlich ist oder der Verkäufer diese wegen unverhältnismäßiger Kosten ablehnen kann.
Hintergrund zum Urteil
Im vorliegenden Fall kaufte der Kläger bei der Beklagten 45,36 qm Bodenfliesen eines italienischen Herstellers zum Preis von 1.382,27 EUR. Voller Energie machte sich der Kläger daran die Fliesen zu verlegen. Nachdem er schon zwei Drittel der Fliesen verlegt hatte, stellte er fest, dass sich auf der Oberfläche Schattierungen zeigten. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um feine Mikroschleifspuren, die nicht beseitigt werden können. Einzige Abhilfe ist der komplette Austausch der Fliesen. Kostenpunkt: 5.830,57 EUR
Der Käufer forderte den Händler zur Leistung unter Fristsetzung auf. Vergeblich. Der Käufer nahm den Händler auf Lieferung von mangelfreien Fliesen als auch Zahlung der 5.830,57 EUR (Ein- und Ausbaukosten) in Anspruch. Das Landgericht hat den Händler zur Minderung in Höhe von 273,10 EUR verurteilt. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Der Kläger ging in Berufung vor das OLG. Das OLG verurteilte den Händler zur Lieferung von 45,36 qm mangelfreier Fliesen und zur Zahlung in Höhe von 2.122,37 EUR (Ausbaukosten). Der Beklagte ging in Revision.
In der Revisionsinstanz ging es um die Frage, ob der Käufer vom Händler neben der Lieferung von mangelfreien Fliesen auch den Ersatz der Kosten für den Ausbau und den Abtransport verlangen kann. Das BGH legte die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH hat klargestellt, dass der Verkäufer im Fall der Ersatzlieferung nach Art. 3 II und III der Vebrauchsgüterkauf-Richtlinie verpflichtet ist, den Ausbau selbst vorzugnehmen und die neuen Fliesen einzubauen oder die Kosten dafür zu tragen.
Ergebnis
Der BGH stellte fest, dass nationale Gerichte an die Entscheidung des EuGH gebunden sind. § 439 I Alt. 2 BGB sei somit richtlinienkonform auszulegen. Mit der Formulierung „Lieferung einer mangelfreien Sache“ sei auch der Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache umfasst, so der BGH. Der Verkäufer hat die Pflicht entweder die notwendigen Aus- und Einbauarbeiten selbst auszuführen oder die erforderlichen Kosten dafür in angemessener Höhe zu tragen. Der Käufer muss dem Verkäufer allerdings die Möglichkeit geben, den Aus- und Einbau selbst durchzuführen.
Im vorliegenden Fall konnte der Verkäufer die Übernahme der Ausbaukosten wegen Unverhältnismäßigkeit verweigern. Allerdings musste der Verkäufer die angemessenen Kosten des Ausbaus tragen. Der Erstattungsanspruch des Klägers wurde vom BGH auf 600 EUR beziffert. Diese Betrag sei unter Berücksichtigung des Mangels (optisch ohne Funktionsbeeinträchtigung) und des Werts der mangelfreien Sache angemessen, so das Gericht.
Hier die komplette entscheidung: http://www.rechtsfokus.de/bgh-urteil-vom-21-dezember-2011-az-viii-zr-7008
Thema: E-Commerce | Kommentare (2) | Autor: BD