Freitag, 14. Juni 2013 10:41
Offene Rechnungen sind ärgerlich. Zahlt der Kunde nicht, so wird eine Mahnung geschickt. Erfolgt danach keine Zahlung, werden solche Forderungen meist an ein Inkasso-Unternehmen abgegeben. Diese arbeiten natürlich nicht umsonst. Die Gebühren treiben die Forderung deutlich in die Höhe. Für viele Verbraucher stellt sich somit die Frage: „Muss ich das jetzt wirklich bezahlen?“
Grundsätzlich gilt: Wer mit der Zahlung in Verzug gerät. muss den daraus entstandenen Schaden ersetzen. Allerdings müssen erst einige Voraussetzungen erfüllt sein. Grundsätzlich ist eine Mahnung erforderlich. Warum grundsätzlich? Es gibt Ausnahmen. Eine Mahnung ist nicht erforderlich wen,
- für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
- der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
- der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
- aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
Findet sich im Vertrag eine Regelung über das Fälligkeitsdatum, so kommt der Verbraucher auch ohne die „30-Tage-Frist“ in Verzug. Das gleiche gilt, wenn der Verbraucher sagt: „Ihr könnt mich… Ich zahle nicht!“
Ist also im Vertrag ein besonderes Fälligkeitsdatum vereinbart oder der Verbraucher meldet sich und sagt, dass er auf keinen Fall zahlen werde, kommt er auch ohne Mahnung in Verzug.
30-Tages-Frist
Eine weitere Ausnahme
Der Schuldner kommt automatisch nach 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung in Verzug. Allerdings muss man den Verbraucher auf diese Rechtsfolge hinweisen. Diese Hinweis muss auf der Rechnung stehen. Ohne Hinweis, kein Verzug. Ein Hinweis allein in der AGB ist nicht ausreichend. Ein Hinweis könnte so aussehen:
Bitte gleichen Sie den Rechnungsbetrag innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt aus. Bei Nichteinhaltung der Zahlungsfrist kommen Sie ohne weitere Mahnungen in Verzug.
Die erste Mahnung
Will man den Kunden in Verzug setzen, muss man mahnen. Da der Kunde sich bis dahin nicht in Verzug befand, ist die erste Mahnung „kostenlos“. Als Händler werden Sie jezt denken: „Na toll, wo bleibt da mein Schadensersatz?“. Diesen können Sie für jede Mahnung nach Verzugseintritt verlangen. Schadensersatz bedeutet, man wird so gestellt, als wäre die Zahlung rechtzeitig eingegangen. Allerdings können hier keine pauschalen Gebühren verlangt werden. Viele Mahnung weisen hohe Gebühren auf. Häufig weit über 5 EUR. Kann der Gläubiger die Kosten nicht nachweisen, sind sie unzulässig.
Doch welche Pauschalen sind vertretbar? Das wird unterschiedlich beurteilt:
AG Brandenburg a.d. Havel (Urteil vom 25.1.2007 – 31 C 190/06): 2,50 Euro als pauschale Mahngebühren sind gerade noch zulässig.
AG Bad Segeberg (Urt. v. 25.11.2011 − 17 C 160/11): Höchsten 1 Euro. Begründung:
“Weitergehende Kosten, die im Zusammenhang mit der Erstellung der Mahnung angefallen sein könnten, insbesondere anteilige Personalkosten und Kosten für das Vorhalten entsprechender EDV u. ä., können hierbei keine Berücksichtigung finden.”
Weitere erstattungsfähige Kosten
Auch die Kosten für die Rechtsverfolgung können als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Doch auch gilt, das Verzug zwingend erforderlich ist. Beauftragt man ein Inkassounternehmen bereits mit der ersten Mahnung, so muss der Verbraucher diese Kosten nicht ersetzen, da noch kein Verzug eingetreten war. Wird ein konzerneigenes Inkassounternehmen beauftragt so sind diese Kosten ebenfalls nicht erstattungsfähig.
Beauftragt man Inkassobüro mit dem Einzug der Forderung undv zahlt der Schuldner, so sind die Kosten durchaus erstattungsfähig. Dies gilt allerdings nur eingeschränkt. Hier orientiert sich die Rechtsprechung am RVG. Das Argument dahinter: Hätte der Gläubiger einen Rechtsanwalt beauftragt, so hätte dieser ebenfalls nach RVG abrechnen können. Als zulässig wird eine Gebühr von 0,3 – 1,3 angesehen.
Eine ganz andere Auffassung vertritt hier das AG Essen-Borbeck. Mit Urteil vom 10.04.2012 – 6 C 101/11, entschied das Gericht, dass die Gebührensätze des RVG nicht anwendbar sind.
„Bei der Schaffung des RDG war das RVG bekannt, von einer entsprechende Anwendung bzw. eines Verweises hierauf wurde aber Abstand genommen. Auch eine Marktüblichkeit dieser Berechnungsmethoden ändert hieran nichts, vielmehr wird auf diesem Wege die klare gesetzgeberische Entscheidung, Inkassounternehmen insoweit nicht Rechtsanwälten gleichzusetzen, umgangen.“
Forderungseinzug durch einen Rechtsanwalt
Zahlt der Verbraucher trotz Inkassobüro nicht, so wird meist ein Anwalt mit der Durchsetzung der Forderung beauftragt. In dem Fall können Inkassokosten nur zur Hälfte verlangt werden. Das gilt jedoch nur, wenn zuvor die Erstattungsfähigkeit bejaht wird.
Das AG Brandenburg (Urt. v. 23.07.2012 – 37 C 54/12) hat sich mit der Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten intensiv beschäftigt. Ergebnis: Der Händler hatte Inkassokosten von 117 EUR bezahlen müssen und wollte diese vom Kunden erstattet haben. Das Gericht sprach dem Händler nur 3 EUR Inkassokosten zu.
“Deshalb bedarf es einer weiteren Einschränkung der Erstattungsfähigkeit der Kosten derartiger Maßnahmen, indem man auf die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Maßnahme abstellt, um den Begriff der Adäquanz näher auszufüllen bzw. einzugrenzen.”
Weiß der Händler, dass der Verbraucher zahlungsfähig ist, bekommt er die Inkassokosten nicht erstattet. Das gleiche gilt, wenn der Verbraucher erklärt, dass er nicht zu zahlen gedenke.
“Die Aufwendungen sind im Falle der Erfolglosigkeit nur zu erstatten, wenn der Schuldner vor Einschaltung des Inkassounternehmens weder erkennbar zahlungsunfähig noch zahlungsunwillig gewesen ist.”
Das Gericht findet Inkassobüros unnötig:
“Es ist vereinfacht gesagt so, dass der Gläubiger entweder wesentlich kostengünstiger ohne erkennbare Einbußen in der Wirksamkeit selbst mahnen kann oder in rechtlich schwierigen Fällen oder bei hartnäckiger Weigerung des Schuldners mit deutlich höherer Erfolgsaussicht, aber teilweise deutlich geringeren Kosten den Gerichtsweg (Mahnverfahren) beschreiten bzw. einen Rechtsanwalt beauftragen kann. Für die Beitreibung von Forderungen im vorgerichtlichen Bereich bedarf es deshalb keines Inkassoinstitutes. Dies gilt jedenfalls, wenn diese seriös, d. h. ohne unzulässige Druckmittel, arbeiten.”
Selbst wenn der Schuldner zahlt, so sind nach dem AG Brandenburg an der Havel die Kosten nicht erstattungsfähig, wenn andere Möglichkeiten des Einzugs kostengünstiger oder erfolgsversprechender sind :
“Auch in den diesen Fällen handelt es sich bei der Einschaltung eines Inkassounternehmens um unnötige Kosten. Dabei handelt es sich um die Fälle, in denen der Schuldner grundsätzlich zahlungsfähig und -willig ist, aber gewissermaßen eines letzten Anstoßes zur Zahlung bedarf, eines höheren Druckes, einer besonderen Ansprache oder auch Hilfestellung. Die Kosten des Inkassounternehmens wären nur erstattungsfähig, wenn in dieser Situation seine Beauftragung erforderlich und zweckmäßig, d. h. wirtschaftlich sinnvoll ist.”
Insofern muss man sich als Gläubiger die Frage stellen, ob die Einleitung eines Mahnverfahrens oder die Einschaltung eines Rechtsanwalts effektiver und kostengünstiger sind. Dies wird man wohl in der Regel bejahen können. Warum? Weil der Druck durch ein Rechtsanwaltsschreiben oder Mahnbescheid höher ist als ein Schreiben von einem Inkassounternehmen. Ein Inkassounternehmen hat kein Druckmittel, jedenfalls nicht wenn es legal arbeitet.
Die Erstattungsfähigkeit von Inkassogebühren ist umstritten. Es besteht ein Risiko auf den Kosten sitzen zu bleiben, wenn sich andere Gerichte der Argumentation des AG Brandenburg an der Havel anschließen.